Bares als Lockmittel für Missbrauch

4 Jahre Jugendstrafe für Vergehen an Kindern und Jugendlichen in 104 Fällen

4 Jahre Jugendstrafe sind für einen 22-jährigen die Konsequenz aus vielfachem schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Zu diesem Urteil kam gestern in Pforzheim die auswärtige Große Jugendstrafkammer des Landgerichts Karlsruhe unter Vorsitz von Richter Hermann Meyer. Er hat den Fall über zwei Tage in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt. Da der Verurteilte die ihm vorgeworfenen Taten weitgehend einräumte, mussten die sieben Opfer nicht aussagen.

Es ging um 104 Einzeltaten in vier Jahren bei der Urteilsfindung. In 36 Fällen ging Staatsanwältin Regina Schmid von Kindern aus, bei 66 Fällen klagte sie schweren sexuellen Missbrauch von Jugendlichen an.
Bei den 14- bis 18-jährigen ergibt sich der Missbrauch allerdings nicht wie bei Kindern aus der sexuellen Handlungen, sondern daraus, dass Jugendliche ausgenutzt wurden, so der Pressesprecher des Landgerichts, Ingo Jeckel.Im konkreten Falle sei schlicht Geld geflossen. Das System, Bares als Gegenleistung für sexuelle Dienste zu bekommen, hat wohl Geschichte im Leben des verurteilten Pforzheimers, wie bei Verteidigung und Landgericht zu erfahren ist. eine Einschränkung der Schuldfähigkeit oder die Notwendigkeit, in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt zu werden, leitete der Sachverständige daraus laut Jeckel allerdings nicht ab. Es sei aber geboten, dass der Mann therapeutisch behandelt werden müsse.


Entscheidend für die Verurteilung nach Jugendrecht ist, dass der junge Mann sich beim Gros der Taten als Jugendlicher oder Heranwachsender strafbar machte. Lediglich 16 Missbräuche hat er nach seinem 21. Geburtstag begangen, informiert leitender oberstaatsanwalt Christoph Reichert weiter für die Anklage. Deren Strafforderung lag mit 5 Jahren und 9 Monaten dennoch gerade deswegen erheblich über der Strafe, die das Gericht jetzt verfügte. Schließlich, so erläutert Reichert, würde beim Erwachsenenstrafrecht hier viel höher gegriffen als bei dem für Jugendliche. Rechtsmittel gegen das Urteil würden wegen „der geringen Chance auf Erfolg“ aber nicht eingelegt.


Aus Sicht der Verteidigung wären laut Jäckel 2 Jahre und 11 Monate Haft in diesem Fall angemessen gewesen. Der Bitte um eine persönliche Stellungnahme kam der Anwalt nicht nach. Er hatte im Vorfeld der Verhandlung die Schwere der Straftaten im unteren Bereich einer Skala von 1 bis 10 verortet. Der Verurteilte wird die Strafe zunächst im Jugendvollzug antreten. Die Entscheidung, ob er dort bleiben kann oder zu den Erwachsenen verlegt wird, fällt separat. Gleiches gilt für weitere Konsequenzen aus dem Urteil für den nicht in Deutschland geborenen Mann.